Dampfboote - Historisches - zusammengetragen von Rainer Radow

21.03.2010
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Arbeitsschutz. 1929 - Leitfaden für den Dienstunterricht in der Reichsmarine

Auch der Arbeitsschutz wurde schon früh bei der Marine ernst genommen. Hier ein paar „dampfrelevante“ Zeilen dazu aus dem Leitfaden für den Dienstunterricht in der Reichsmarine von 1929. Oft erzeugt ja die Praxis die Notwendigkeit von Verboten...
[mdie1929, Seite 281 ff]:

XVII. Abschnitt.
Verhütung von Unglücksfällen und erste Hilfeleistung

       Je gesunder an Leib und Seele der einzelne seinen verantwortungsvollen Dienst in Maschine und Heizraum versieht, desto seltener werden sich Unglücksfälle im Betriebe ereignen. Es wird deshalb auf das Kapitel Gesundheitspflege (Kapitel V im II. Teile des Leitfadens für den Dienstunterricht in der Reichsmarine) besonders verwiesen. Hier seien kurz Vorbeugung und erste Hilfeleistung für Gesundheitsschädigungen und Unfallsarten besprochen, welche gerade dem technischen Dienste eigentümlich sind.

            1. Bekleidung im Dienst.
       Die Soldaten der Reichsmarine erhalten für besonders schmutzige oder Körper und Kleidung gefährdende Arbeiten neben ihrer Uniformstücke leihweise eine Sonderbekleidung.
       Für den Dienst in den Maschinen- und Heizräumen erhalten Heizer Tafelzeug und Unteroffiziere Maschinenanzüge aus festem Stoff. Als Fußbekleidung, die jedoch nur im Heizraum getragen werden darf, werden Holzpantoffeln verausgabt.
       Das Bedienungspersonal von Ölkesseln und größeren Dieselmaschinen erhält Lederzeug, um den Körper gegen die schädlichen Einwirkungen des Teeröles besser abzuschließen Durch Einwirkung von Teeröl entstehen nämlich zuweilen Hautentzündungen (Ekzeme). Auf alleinfahrenden Booten ohne Arzt sollen zur Behandlung solcher Ausschläge mit Borsalbe bestrichen und verbunden werden; bei nächster Gelegenheit Vorstellung beim Arzt. Lederzeug hat sich auch bei Bränden und Dampfgefahr als brauchbares Schutzmittel erwiesen.
       Für Arbeiten an größeren Akkumulatoren-Batterien werden säurefeste Schutzanzüge und Schuhe mit Gummisohlen geliefert.
       Die erhaltene Sonderbekleidung muß bei allen Arbeiten, für die sie geliefert worden ist, getragen werden. Die Leder oder sonstigen Schutzanzüge müssen vollständig geschlossen getragen werden, wenn sie ihren Zweck erfüllen sollen. Die Benutzung von Schutzanzügen für andere als für die vorgesehenen Zwecke ist verboten.



            4. Verbrennungen und Verbrühungen
       Zur Vermeidung ausgedehnter Verbrennungen ist im Heiz- und Maschinenraume grundsätzlich vollständiger Anzug zu tragen.
Brandblasen nicht öffnen!    Die Brandwunden nicht mit den Händen berühren und nicht waschen, sondern mit einem Verbandbäckchen, mit einer Wismutbrandbinde oder einem Salbenverband verbinden. Der Salbenverband wird folgendermaßen angelegt: Lagen keimfreien Mulls werden mit einer reichlichen Menge Salbe (Boroglyzerinlanolin, Borsalbe oder Vaseline) bestrichen oder mit Olivenöl getränkt, die verbrannten Körperstellen erst mit diesen Lagen, dann mit Verbandwatte bedeckt und mit Mullbinde oder dreieckigen Tüchern verbunden.
       Bei ausgedehnten Verbrennungen und Verbrühungen erst sorgfältige Verbände anlegen, dann den Verbrannten möglichst bequem lagern, ihn durch Zudecken gegen Wärmeverlust schützen, ihm reichliche Mengen leichten Tees oder Kaffees und möglichst auch schmerzstillende Mittel reichen.
       Auf die Notwendigkeit allerschnellster Entfernung der gesamten Kleidung an den verbrühten Stellen – im Zweifelsfall, welche Stellen unter der Kleidung verbrüht sind, der ganzen Kleidung! - sei jedoch hier ausdrücklich hingewiesen. Unter der mit Dampf oder heißem Wasser, Öl usw. vollgesogenen Kleidung frißt die Verbrühung schnell weiter und kann so noch nachträglich lebensgefährlich werden.
       Über Verhalten bei Dampfgefahr s. Abschnitt VIII, 7.

...

6. Hitzschlag
       Das wichtigste ist die Vorbeugung: Vermeidung des Genusses von Alkohol und Nikotin oder sonstigen Ausschweifungen. Ausgeruht zum Dienst kommen! Bei großer Hitze ab und zu schluckweise ungesüßten Kaffee oder Tee, aber keine süßen Getränke und niemals hastig trinken.
       Den Ohnmächtigen aus dem Betriebsraume an eine kühle luftbewegte Stelle des Schiffes bringen, beengende und überflüssige Kleidung entfernen (Oberkleidung, Hosenträger), Kopf und Oberkörper etwas hoch lagern, Körper trocken reiben, dann Stirn, Gesicht und Brust mit kaltem Wasser befeuchten, den befeuchteten Stellen Luft zufächeln; wenn die Besinnung zurückgekehrt ist, kalten Kaffee zu trinken geben. Stockt die Atmung, Lobelin und künstliche Atmung! Wenn Erholung eingetreten ist, Ruhe und Schlaf gönnen, dabei aber die Atmung noch überwachen.


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